Lässt sich pränatal zwischen einem Sprachgenie und einem Analphabeten differenzieren? Ist das Potential unserer kognitiven und kreativen Fähigkeiten wirklich auf eine Verkettung unzähliger Moleküle zurückzuführen und durch deren Sequenz bereits vor unserer Geburt determiniert?
In dem von Eva Novotny in der Presse publizierten Artikel „Mythos Begabung“ betrachtet die Autorin kritisch die Begriffe „Begabung“ und „Talent“ und schreibt diesen eine zentrale Rolle in Bezug auf die aktuelle Bildungsdebatte zu. Sie postuliert, dass das wahre „Talent“ eines Genies nicht auf eine angeborene „natürliche Begabung“ zurückzuführen sei, sondern darin besteht, mit großem Einsatz aktiv zu lernen.
Dementsprechend vertritt sie die Meinung, dass alle alles lernen können. Primäre Voraussetzung dafür sei laut Novotny unter anderem eine ‚Initialzündung‘ für das persönliche Engagement. Ist die notwendige intrinsische Motivation zum selbstständigen Lernen vorhanden, kann jeder, unabhängig von seinen genetischen Voraussetzungen, zu einem „Genie“ werden. Diese notwendige Voraussetzung bezeichnet sie als den „Funken“, den es zu entfachen gilt.
Es gilt als Tatsache, dass die Frequenz, mit der neue Synapsen gebildet werden, nach den ersten drei Lebensjahren signifikant zurückgeht. In der Jugend lernt man bekanntlich auch noch schneller als im Alter. Demnach gibt es ein Zeitfenster, in dem wir das Potential unserer späteren kognitiven Kompetenz relativ genau definieren.
Unser Gehirn entwickelt sich ständig weiter – und das vollkommen autonom. Durch persönliche Erfahrungen werden ununterbrochen weitere neuronale Verzweigungen geschlossen und dadurch Wissen miteinander verknüpft und in Abhängigkeit gestellt. Je mehr solcher Verknüpfungen bestehen, desto schneller und zuverlässiger kann bereits gespeichertes Wissen abgerufen und mit neuen Informationen assoziiert werden. Das Lernen ist also ein permanenter Prozess und das dadurch erlangte Wissen und die Fähigkeiten nicht ad hoc existent.
Als anschauliches Beispiel könnte man hierfür eineiige Zwillinge nennen. Diese besitzen trotz eines komplett identen Erbmaterials keineswegs die gleichen Talente. Ihre Fähigkeiten können unterschiedlich ausgeprägt sein, und der Intelligenzquotient kann stark variieren.
Daraus schließt Eva Novotny, dass jeder gesunde Mensch zum Zeitpunkt der Geburt jeder gesunde Mensch die gleichen kognitiven Voraussetzungen haben. Es wird also niemand als Genie geboren, sondern muss sich erst zu diesem entwickeln.
Außerdem räsoniert sie über die soziale Selektivität unserer Schulen und insistiert auf ein transparenteres Schulsystem, in dem die isolierte Elite mit bildungsferneren Schichten koexistiert. Dadurch würden die aus perspektivärmeren Milieus stammenden Schüler gefördert. Eine Klassifizierung in „Hochbegabte“ und „Normale“ fördere lediglich soziale Differenzen und protegiere Systeme, die zur selektiven Bildungsapartheid beitragen.
Sie kritisiert, dass die „Eliten“ unter sich bleiben und der daraus resultierende Mangel an qualifizierten Konkurrenten den Marktwert der „Gebildeten“ sichert.
Zuletzt evaluiert sie kritisch zwei verschiedene Positionen bezüglich der Aufgabe eines funktionierenden Bildungssystems und stellt diese gegenüber. Die eine Position ist, dass jedes Kind ein Talent hat, welches gefunden und gefördert werden muss. Die andere, dass die vorherrschende Apartheid aufrechterhalten werden muss, da jedes Kind anders ist. Laut Novotny sind beide Ansichten bedenklich.
Die Idee, sich in der Förderung auf bestehende Stärken und Fähigkeiten zu beschränken, sei unzeitgemäß. Die heutige Welt ist extrem komplex, wodurch sich das Erstellen von wirtschaftlichen Prognosen als schwierig erweist. Daher solle die möglichst vielseitige Entwicklung als essenzielles Bildungsziel gelten, um gegen jegliche Eventualitäten gewappnet zu sein.
Ich persönlich kann Novotnys Auffassungen zu diesem Thema nur bedingt teilen. Einerseits sympathisiere ich mit der Vorstellung, dass sowohl die körperliche als auch die mentale Entwicklung in ihrer Gesamtheit primär durch Einflüsse aus der Umwelt geprägt sind und demnach nicht ausschließlich der Existenz oder der unterschiedlichen Ausprägung verschiedener Gene zugeschrieben werden kann.
Ich stimme ebenfalls damit überein, dass wohl noch kein Mensch mit einem gesunden Gehirn an einen biologischen Plafond gestoßen ist, da die Kapazität unseres Denkorgans schier unerschöpflich ist.
Andererseits vertrete ich nicht die Meinung, dass „alle, alles lernen könnten“. Ich stimme zwar zu, dass der „Funke“ beim Lernen eine entscheidende Rolle spielt und dessen Bedeutung häufig verkannt wird. Durch Motivation und Anstrengung alleine kann aber dennoch nicht jeder zu einem Mozart oder Michelangelo werden – egal wie intensiv er sich mit dem Handwerk auseinandersetzt. Entscheidend ist die permanente Entwicklung von Gehirn und Geist.
Dem Standpunkt, dass eine möglichst vielseitige Entwicklung das primäre Ziel der Bildungspolitik darstellen solle, kann ich ebenfalls nicht zustimmen. Ein gewisses Maß an Allgemeinbildung ist sicherlich notwendig. Angesichts der starken Konkurrenz am freien Markt ist es nach meinem Dafürhalten allerdings wichtiger, sich auf ein oder mehrere Themengebiete zu spezialisieren, um sich am Markt behaupten zu können, und für sich selbst eine klare Perspektive zu definieren.
Viele junge Erwachsene wissen nach ihrem Schulabschluss noch nicht, wofür sie sich eigentlich interessieren und welcher beruflichen Tätigkeit sie daher nachgehen wollen. Um keine wertvolle Zeit zu verlieren, fangen sie unüberlegt das erst beste Studium an, um es nach kurzer Zeit aus mangelndem Interesse wieder zu beenden.
Um solche Entscheidungen zu erleichtern und das Interesse Jugendlicher zu wecken, sollte das Bildungssystem meiner Meinung nach individueller und flexibler gestaltet sein. Warum Frontalunterricht mit teilweise über 30 Schülern pro Lehrer in den meisten Schulen immer noch Tagesordnung ist, ist mir unverständlich. Auf Grund des fehlenden persönlichen Kontaktes zwischen Schüler und Lehrer wird bei diesem Unterrichtssystem die Teilnahmslosigkeit desinteressierter Schüler unterstützt und die Motivation interessierter Schüler gebremst.
Die Einführung von frei wählbaren Wahlpflichtgegenständen war zwar ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, den praktischen Nutzen habe ich aber bis heute nicht wirklich erkannt.
Als Hauptgründe für die suboptimale Realisierung solcher Wahlfächer sowie die Existenz von Frontalunterricht lassen sich wohl – wie bei vielen Themen im Bildungssektor – die chronische Abstinenz finanzieller Mittel und der Mangel an qualifiziertem Lehrpersonal anführen.
Daher ist meiner Meinung nach erheblicher Nachholbedarf seitens der zuständigen Politiker vorhanden. Bildung ist Zukunft – aus diesem Grund sollte das Bildungsbudget auch angesichts einer drohenden globalen Wirtschaftskrise nicht zu knapp bemessen sein. Leider haben das die Entscheidungsträger noch nicht ausreichend umgesetzt.
Auch wenn ich einigen der im aktuellen Volksbegehren (welches im Rahmen der aktuellen Bildungsdebatte gestartet wurde) genannten Forderungen nicht kritiklos zustimmen würde, ist dieses dennoch ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Und zwar in Richtung Veränderung.
puhhh…..geil……Hut ab
mega gut^^
nur leider dürfen wir nicht mehr als 200 wörter schreiben,…
Ich mussbei der Prüfung 900 Wörter schreiben 😛
Super toll. Wie alt ist diese/r Schüler/in?