LernumfeldAlbert Einstein, Thomas Edison, Julian Assange, Elijah Wood… Was verbindet diese Personen außer ihrer Begabung? Sie alle wurden zu Hause unterrichtet. Viele Eltern machen sich Sorgen bevor sie ihre Kinder zur Schule schicken. Kommt das Kind zurecht? Wie versteht es sich mit seinen Altersgenossen? Wird es seine Interessen und Begabungen in der Schule entwickeln können?

Eltern auf der ganzen Welt wählen immer öfter die Möglichkeit des Hausunterrichts. Das Team von e-Aufgabe.de und Brainly.com entschied sich dieses Phänomen etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und dadurch in Erfahrung zu bringen, wie die Situation des Homeschoolings in den verschiedenen Ländern aussieht.

 

Andere Länder, andere Sitten – ein kurzer Überblick

Erhebliche Steigerung der Interessen an sogenannten Familienunterricht besteht seit Kurzem in Russland, wo die Anzahl der zu Hause unterrichteten Schüler plötzlich von 10 000 auf über 100 000 anwuchs. Die Eltern haben die Möglichkeit zwischen Familien-, Hausunterricht und schulexternen Unterricht zu wählen. An der Spitze dieser Entwicklung stehen die Vereinigten Staaten von Amerika, wo der Hausunterricht in allen 50 Staaten legal ist. Etwa 3% aller Schüler, also über 1,5 Mio Kinder, werden häuslich unterrichtet. Die Eltern entscheiden sich für Heimunterricht, damit ihre Kinder eine entsprechende moralische und religiöse Erziehung und sichere Lernbedingungen haben oder weil sie mit dem Lehrniveau an staatlichen Schulen nicht zufrieden sind.

Der externe Unterricht betrifft vor allem ältere Schüler, die sich selbst auf das bevorstehende Abitur vorbereiten wollen. Eines der oftmals geäußerten Argumente gegen Schulunterricht ist die Unzufriedenheit mit der Qualität der Lehre.

In anderen Ländern sind die Bedingungen für Hausunterricht begrenzter. In der Ukraine existieren zwar auch der Hausunterricht und der schulexterne Unterricht, aber die Erfordernisse, die Schüler erfüllen müssen, um daran teilzunehmen, sind viel höher. Nur besonders begabte Kinder, sowie Kinder, deren Eltern oft auf Dienstreisen sind oder im Ausland arbeiten, dürfen außerhalb der Schule lernen.

In Polen ist Homeschooling sehr stark reguliert und nicht weit verbreitet, zudem existieren keine genauen Statistiken. Obwohl man sehr viel über die Mängel des Bildungssystems spricht, gibt es nur einige hundert Homeschooler. Gründe für diese Situation gibt es viele.
Es liegt vor allem am niedrigen Bewusstsein der Gesellschaft dafür, was Hausunterricht in Wirklichkeit bedeutet.

In Tschechien sieht die Situation ähnlich aus: Homeschooling ist im Wesentlichen nicht bekannt.
In Spanien ist Hausunterricht als Lehrform rechtlich nicht anerkannt. Ausnahmen bestehen nur für Kinder mit ernsten gesundheitlichen Problemen. Laut der Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts haben die Eltern kein Recht eine Lehrform zu wählen, die nicht als Unterrichtsform im Sinne des Schulunterrichts anerkannt ist. Sie dürfen nur zwischen öffentlichen und privaten Schulen wählen oder selbst Bildungszentren gründen (§27.6 der spanischen Verfassung).
Um die Rechtsentscheidungen umzugehen, schicken die Eltern ihre Kinder zu den Schulen in anderen Ländern, wo der Hausunterricht legal ist. Daraus resultiert, dass die Art der Bildung und ihre Gewährleistung von der öffentlichen Macht abhängig sind.

Es existieren auch Staaten, wo Hausunterricht illegal ist, wie zum Beispiel in der Türkei oder Deutschland. In Deutschland besteht keine Bildungspflicht, sondern eine Schulpflicht, die nur in Form des Schulunterrichts umgesetzt werden darf. Somit ist der Hausunterricht eine Straftat und es kam zu Fällen, in welchen Eltern für ihre Vernachlässigung der Schulpflicht verhaftet wurden.

Wie viele Kinder werden zu Hause unterrichtet?

Diese Thematik wurde von  untersucht, der in seinem Artikel aus dem Jahr 2003 schätzte, dass in Deutschland etwa 500 Kinder insgeheim zu Hause unterrichtet werden. Gegenwärtige Schätzungen dieses Autors belaufen sich auf 600-1000 Kinder. Amerikanische Quellen sprechen dagegen von über 400 Familien, die ihre Kinder zu Hause unterrichten.

Warum die Kontroversen?

Warum gibt es so viele Kontroversen über Homeschooling? Der erste Vorwurf gegen Heimunterricht ist Befürchtung von einer schwachen Sozialisation der Kinder, welche die Schule nicht besuchen. Anhänger des Homeschoolings in verschiedenen Ländern behaupten dagegen, dass die Schule mit Sozialisation nicht viel zu tun habe. Das Kind in der Schule halte sich in einer überzogenen Umgebung auf, unter Personen, mit denen es außer dem Alter nicht viel Gemeinsames habe.

Beim Hausunterricht hingegen ist das Kind im Stande, den Lehrstoff zusehends schneller zu beherrschen und die Freizeit für einen zusätzlichen Unterricht zu nützen, der seinen Interessen stärker entspricht.
Musikunterricht, Ballet, Schwimmen – hier kann man Freunde finden, mit welchen man gemeinsame Interesse, nicht aber nur den gemeinsamen Schulbesuche verbindet.

Spezialisten aus den Ländern zufolge, in welchen Homeschooling schon gut entwickelt ist, seien die zu Hause unterrichtete Kinder selbstbewusster, unabhängiger und offener für andere Menschen.

Wie sieht es mit der Lernqualität aus?

Was den Vorwurf der Lehrqualität betrifft, behaupten die Gegner des Hausunterrichts, dass die Eltern nicht im Stande seien, ihre Kinder selbstständig zu unterrichten, weil sie kein fundiertes Wissen hätten.
In vielen Ländern ist die Antwort der Eltern ähnlich:

„Wir haben eine traditionelle Schule besucht, ein Schulprogramm beherrscht und wenn wir nach ein paar Jahren kein reichliches Wissen hätten, zeigt das eine Unvollkommenheit des traditionellen Bildungssystems“.

Die Anhänger des Hausunterrichts behaupten, dass ihr Kind außerhalb der Schule sicherer und vor physischer und psychischer Gewalt geschützt sei. Die Kinder werden nicht gedemütigt oder zur Aussage vor der Klasse gezwungen, wenn sie keine Lust darauf haben. Auf Grund dieser Tatsche hätten sie später keinen Unwillen zu öffentlichen Aussagen. Dank des Hausunterrichts garantieren die Eltern ihren Kindern ein Sicherheitsgefühl und formen ein Selbstwertgefühl bei ihnen. Bevor die Eltern eine solche Entscheidung treffen, sollten sie aber alle Vor- und Nachteile gut abwägen.

  • Um die schwache Sozialisation des Kinds zu vermeiden, müssen Eltern ihre Freizeit gut organisieren, damit das Kind Kontakt mit Altersgenossen hat.
  • Um wirksam zu unterrichten, muss ein Elternteil viel Zeit dafür aufbringen. Oft verzichtet die Mutter oder der Vater auf Arbeit, um sich der Bildung der Kinder zu widmen. Eine solche Lösung ist besonders günstig, wenn zu Hause mehrere Kinder unterrichtet werden.
  • Die Eltern, die dem Kind ein Problem in manchen Fächern nicht selbst erklären können, sind zur Anstellung eines Repetitors gezwungen.

Wenn man die verschiedenen Vor- und Nachteile des Hausunterrichts abwägt, muss man vor allem die Fähigkeiten, Kenntnisse und Bedürfnisse des Kindes berücksichtigen. Man darf nicht vergessen, dass der Hausunterricht die Schule grundsätzlich nicht ablehnt. Es geht nur um eine Wahlmöglichkeit und eine Schaffung der besten Bedingungen für die Entwicklung des Kindes.

Bildquelle: © e-aufgabe.de

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