Bilinguale Kindergärten und Schulen haben oft lange Wartelisten, da der Andrang auf die wenigen freien Plätze riesig ist. Vor allem Bildungseinrichtungen mit den Sprachkombinationen Englisch/Deutsch oder Spanisch/Deutsch sind auch bei den Familien sehr beliebt, in denen beide Elternteile deutsche Muttersprachler sind. Aber weshalb wachsen in letzter Zeit immer mehr Kinder zweisprachig auf?
In diesem Artikel möchte ich auf die potentiellen Vor-, und Nachteile eingehen und auch ein wenig von meinen persönlichen Erfahrungen berichten.
Vorteile der bilingualen Erziehung
In unserer globalen Welt werden Fremdsprachen im Berufsalltag immer wichtiger. In vielen Berufen werden ausgezeichnete Englischkenntnisse vorausgesetzt. Bewerber, die nicht gut genug Englisch können, haben oft gar nicht erst eine Chance. Da Kinder ganz leicht eine weitere Sprache verinnerlichen können, sollte die zweite oder auch die dritte Sprache so früh wie möglich im Alltag des Kindes präsent sein. Kinder lernen so eine weitere Sprache auf ganz natürliche Art und Weise und – nämlich völlig ohne Vokabeln pauken und Grammatikregeln auswendig lernen.
Es gibt sogar noch weitere Vorteile: wissenschaftliche Studien haben bereits mehrfach belegt, dass durch das Aufwachsen mit zwei Sprachen, im Gehirn Vernetzungen gebildet werden, die ganz allgemein förderlich für die Intelligenz und das kognitive Leistungsvermögen des Kindes sind.
Mögliche Nachteile bilingualen Aufwachsens
Einige Eltern machen sich Sorgen, dass ihre Kinder am Ende beide Sprachen nicht richtig erlernen werden. Sie haben Angst, dass sie die Kinder eventuell überfordern. Erfahrungsberichte bilingual aufwachsender Kinder, die Probleme mit der Rechtschreibung oder Grammatik in einer oder beiden Sprachen haben, verunsichern natürlich zusätzlich. Hier muss allerdings die Frage gestellt werden, ob die unzureichenden Sprachkenntnisse wirklich auf die Bilingualität zurückzuführen sind. Denn auch Kinder, die nur mit einer Sprache aufwachsen, haben oft genug Probleme mit der Rechtschreibung und dem Leseverständnis.
Persönliche Erfahrungen mit bilingualer Erziehung
Meine beiden Söhne wachsen bilingual (Deutsch/Englisch) auf, obwohl mein Mann und ich beide deutsche Muttersprachler sind. Unsere Söhne besuchen einen zweisprachigen Kindergarten und haben auch in der Freizeit viel Kontakt zu Englisch sprechenden Familien. Wir lesen oft zusammen englischsprachige Kinderbücher und singen viel auf Englisch miteinander. Für mich ist immer wieder aufs Neue erstaunlich, wie selbstverständlich die Beiden zwischen den Sprachen hin und her wechseln können. Obwohl ich viele erfolgreich bilingual aufwachsende Kinder im Bekanntenkreis habe, ist es doch besonders faszinierend, mitzuerleben, wie sich die eigenen Kinder in zwei Sprachen gleichermaßen zu Hause fühlen.
Ich kann alle Eltern nur darin bestärken, ihre Kinder zweisprachig aufwachsen zu lassen. Die Gelegenheit spielerisch und mühelos eine weitere Sprache auf Muttersprachenniveau zu lernen, kommt später nie wieder. Als Erwachsener muss die Zweitsprache mühevoll gepaukt werden und die Ergebnisse sind trotzdem oft eher enttäuschend. In fortgeschrittenem Alter besteht einfach kaum noch die Chance, eine Fremdsprache perfekt und akzentfrei zu erlernen. Jede weitere Sprache eröffnet jedoch nicht nur zusätzliche Karrierechancen, sondern ist immer auch eine persönliche Bereicherung. Die Welt wird plötzlich größer. Neue Freunde, Traditionen, Wertvorstellungen und Lebensweisen kommen hinzu und ganz automatisch wird dadurch die interkulturelle Kompetenz erweitert. Wer schon im Kindergarten lernt, dass die Welt groß und die Menschen vielfältig sind, der ist in unserer globalen Welt klar im Vorteil.
Lektüre zum Thema
Dieser Artikel reicht natürlich bei weitem nicht aus, um das Thema der bilingualen Erziehung wirklich tiefgründig zu behandeln. Es gibt aber ein paar sehr gute Bücher mit hilfreichen Tipps und Tricks, worauf bei einer bilingualen Erziehung besonders geachtet werden muss und wo häufig Probleme auftreten.